Neu >>Intersexualität|Drei Geschlechter soll es nun geben
Hallo Community,
Urteil zu Intersexuellen Stärkung des dritten Geschlechts
Um welchen konkreten Fall ging es?
Wie viele Menschen sind betroffen?
Wie fallen die Reaktionen auf die Entscheidung aus?
Gab es auch Stimmen gegen die Eintragung eines dritten Geschlechts?
Warum verzichtete die Bundesregierung auf eine Stellungnahme?
Quelle und Weitere Informationen findet Ihr hier:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/intersexualitaet-bundesverfassungsgericht-fordert-drittes-geschlecht-in-geburtenregister-a-1177008.html
seit
dem 08.11.2017, hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen: Bis Ende
2018 muss der Gesetzgeber eine dritte Kategorie im Geburtenregister
schaffen. Sie kann „divers“ heißen, „inter“ oder eine andere „positive
Bezeichnung des Geschlechts“ erhalten.
Urteil zu Intersexuellen Stärkung des dritten Geschlechts
Im
Geburtenregister gibt es unter "Geschlecht" bislang nur männlich und
weiblich - oder die Angabe bleibt offen. Verfassungsrichter sehen darin
einen Verstoß gegen Grundrechte. Drei Möglichkeiten für einen
Geschlechtseintrag
Der
Gesetzgeber muss künftig neben männlich und weiblich einen dritten
Geschlechtseintrag im Geburtenregister ermöglichen. Die Begründung des
Bundesverfassungsgerichts: Personen, die sich dauerhaft weder dem
weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen lassen, würden in
ihren Grundrechten verletzt, wenn sie das Personenstandrecht zwinge, das
Geschlecht zu registrieren - aber keinen anderen positiven
Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulasse (Az. 1 BvR
2019/16).
Die
Verfassungsrichter sehen in der bestehenden Regelung Verstöße gegen das
allgemeine Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 1
des Grundgesetzes) und gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des
Geschlechts (Artikel 3 des Grundgesetzes).
Der
Deutsche Ethikrat hatte sich bereits 2012 mit der Situation von
Intersexuellen befasst. In einer mehr als 200-seitigen Stellungnahmehat
der Rat empfohlen, neben männlich und weiblich die Geschlechtseintragung
"anderes" zuzulassen.
Um welchen konkreten Fall ging es?
Die
Beschwerde führte ein Mensch, der sich selbst Vanja nennt. Vanja ist
intersexuell, also zwischen den Geschlechtern geboren, und verfügt über
einen atypischen Chromosomensatz. Die Person trägt nur ein X-Chromosom,
ein zweites Chromosom, das sie als weiblich (X-Chromosom) oder als
männlich (Y-Chromosom) ausweisen würde, fehlt.
er
Gesetzgeber muss bis Ende 2018 eine Neuregelung schaffen, in die als
drittes Geschlecht neben "männlich" und "weiblich" noch etwa "inter",
"divers" oder eine andere "positive Bezeichnung des Geschlechts"
aufgenommen wird. Alternativ könnte auch generell auf einen
Geschlechtseintrag verzichtet werden. Bis zu einer Neuregelung sollten
laufende Verfahren in der Frage ausgesetzt werden, so die Richter.
Deutschland
wäre mit einer Neuregelung das erste europäische Land, in dem die
Registrierung eines dritten Geschlechts möglich ist. In einer seit
November 2013 geltenden Regelung hatte der Gesetzgeber lediglich die
Möglichkeit geschaffen, die Eintragung im Geburtenregister offen zu
lassen, wenn das Geschlecht eines Neugeborenen nicht eindeutig ist.
Wie viele Menschen sind betroffen?
Die
Schätzungen darüber, wie viele Menschen in Deutschland intersexuell
sind, variieren - das betont auch das Gericht in seiner Entscheidung.
Demnach leben hier bis zu 160.000 Intersexuelle, andere Schätzungen
gehen von 80.000 aus - je nach Erscheinungsform.
Wie fallen die Reaktionen auf die Entscheidung aus?
Die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes bezeichnete den Beschluss als
"historische Entscheidung zur Gleichbehandlung intergeschlechtlicher
Menschen". Für diese bedeute die Entscheidung "die Anerkennung ihres
jahrzehntelangen Kampfs für Selbstbestimmung", sagte die Leiterin der
Stelle, Christine Lüders. Durch die Entscheidung werde zudem
klargestellt, dass die Ehe für alle auch für intersexuelle Menschen
gelte.
"Es wird die
Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt in der Gesellschaft hoffentlich
steigern", sagte Maja Liebing, Expertin von Amnesty International für
die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und
Intersexuellen (LGBTI). "Noch immer werden Kinder mit Variationen der
Geschlechtsmerkmale ohne akute medizinische Notwendigkeit operiert oder
überflüssigen Behandlungen unterzogen, um sie dem männlichen oder
weiblichen Geschlecht zuzuordnen." Dies habe teils fatale Folgen für die
körperliche und seelische Gesundheit.
Der
Verein Intersexuelle Menschen begrüßte die Entscheidung. Man hoffe nun
auf "noch weitere Schritte in diese Richtung". Das Deutsche Institut für
Menschenrechte sprach sich für ein "Geschlechtervielfaltsgesetz" aus,
das "die Anerkennung der Vielfalt" verbessern solle.
Bundesfamilienministerin
Katarina Barley (SPD) forderte, dass die Umsetzung des Karlsruher
Beschlusses von der künftigen Bundesregierung "umgehend angegangen"
wird. Das Bundesinnenministerium kündigte an, das Urteil zu respektieren
und umzusetzen. Bei der Gestaltung gebe es gewissen Spielraum, sagte
ein Sprecher. Zu Einzelheiten äußerte er sich nicht.
Gab es auch Stimmen gegen die Eintragung eines dritten Geschlechts?
Karlsruhe
hatte zu der Frage Stellungnahmen von 16 Verbänden und Organisationen
eingeholt. Gegen solch einen Eintrag sprachen sich das Zentralkomitee
der deutschen Katholiken sowie der Bundesverband der Deutschen
Standesbeamten aus. Letzterer kritisierte sinngemäß, dass es auch
Intersexuelle gebe, die sich mit den Kategorien "inter" oder "divers"
nicht identifizieren könnten. Es sei daher nicht zu erkennen, welchen
Vorteil es hätte, wenn im Geburtenregister der Eintrag "inter" oder
"divers" enthalten wäre.
Warum verzichtete die Bundesregierung auf eine Stellungnahme?
In
der Bundesregierung gab es zu dem Thema keine einheitliche Position -
Familienministerium und Innenministerium stritten nach
SPIEGEL-Informationen Anfang des Jahres sogar über diese Frage. Das
Familienministerium unterstützte die Forderung, dass in amtlichen
Dokumenten ein drittes Geschlecht angegeben werden kann. Das
Innenministerium lehnte diese Idee ab, aus Sorge vor juristischen
Komplikationen für die Behörden. Die Regierung sandte den Karlsruher
Richtern daher nur ein kurzes Schreiben: Man verzichte auf eine
Stellungnahme.
Quelle und Weitere Informationen findet Ihr hier:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/intersexualitaet-bundesverfassungsgericht-fordert-drittes-geschlecht-in-geburtenregister-a-1177008.html